16.02.2023

„Je weniger man besitzt, desto freier fühlt man sich“ – Michele Paldino über sein Leben im Tiny House und den Kampf mit dem Winter

Auf dem Campingplatz Albtal in Waldbronn-Etzenrod leben etwa 120 Menschen dauerhaft. Rund 20 davon wohnen in Tiny Houses – so wie Michaele Paldino, der auch die NEW HOUSING - das Tiny House Festival - Ende Juni und Anfang Juli besuchen wird.

Seit drei Jahren lebt Michele Paldino in seinem Tiny House in Waldbronn. Bereut hat er es noch keinen Tag, nur auf die kalte Jahreszeit könnte er verzichten. Auch auf der NEW HOUSING in Karlsruhe – Europas größtem Tiny House Festival – wird der 55-Jährige vor Ort sein, um für die „Lebensphilosophie“ zu werben.

Alles begann mit einem Hausboot

„Vor 30 Jahren hatte ich mal ein Angebot für ein Hausboot. Das war immer mein Traum, leider funktionierte das nicht“, erzählt Paldino. Der Wunsch nach einem minimalistischen Lebensstil verließ den gebürtigen Hamelner aber nie. Nachdem er aus privaten Gründen 2003 den Weg in die Pfalz gefunden und irgendwann in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung gelebt hatte, machte sich 2016 erneut der Wunsch nach mehr Übersichtlichkeit bemerkbar.

„Der Minimalismus ist wie ein roter Faden. Irgendwann landet man bei einem reduzierten Leben und beim Tiny House“, sagt Paldino. Ende 2018 gab es den Bauauftrag für sein eigenes Minihaus, im Mai 2019 wurde es geliefert und am 1. Februar 2020 zog der 55-Jährige letztlich in seine eigenen 17 Quadratmeter Fläche und 55 Kubikmeter Raumvolumen. Zuvor hatte er über zwei Jahre nach einem geeigneten Stellplatz gesucht.

Michaele Paldino ließ sein Haus von einem Wagenbauer bauen, den er über Ebay Kleinanzeigen gefunden hatte. Das Häuschen ist einem alten Zirkuswagen nachempfunden. Das Haus kostete vor fünf Jahren 25.000 Euro und wurde mit komplettem Anbau sowie einem Anschluss für Wasser und Strom und einer Küche geliefert. Den Rest, wie den Fußboden, das Handwaschbecken, die Dusche et cetera, baute Paldino selbst ein. Dadurch konnte er sich etwa 7000 Euro einsparen.
Michaele Paldino ließ sein Haus von einem Wagenbauer bauen, den er über Ebay Kleinanzeigen gefunden hatte. Das Häuschen ist einem alten Zirkuswagen nachempfunden. Das Haus kostete vor fünf Jahren 25.000 Euro und wurde mit komplettem Anbau sowie einem Anschluss für Wasser und Strom und einer Küche geliefert. Den Rest, wie den Fußboden, das Handwaschbecken, die Dusche et cetera, baute Paldino selbst ein. Dadurch konnte er sich etwa 7000 Euro einsparen. (Bilder: Michele Paldino)

Das Leben auf überschaubarem Platz hat Paldino nie bereut: „Ich war vom ersten Augenblick angefixt“, sagt er. Die Uhren, so der Minimalist, ticken im Tiny House langsamer: „Egal wie schlecht der Arbeitstag war, sobald ich in meinem Häuschen bin, bin ich wieder gut gelaunt.“

Tiny-House-Leben als "Lebensphilosophie"

Durch den neuen Wohnort hat sich für Paldino vieles geändert: „Weil das Leben an sich günstiger geworden ist, konnte ich meine Wochenarbeitszeit von 40 auf 32 Stunden reduzieren. Ich achte sehr darauf, dass ich mich nicht zumülle. Ich finde: Je weniger man besitzt, desto freier fühlt man sich.“ Viele Tiny-House-Bewohner in Waldbronn seien Vegetarier oder Veganer und lebten im Allgemeinen sehr umweltbewusst. Viele hätten auch kein Auto. Auch Paldino, der jetzt noch wegen seiner Arbeitsstelle auf den Pkw angewiesen ist, hat das einmal vor, er sagt: „Das Tiny-House-Leben ist eine Lebensphilosophie.“

Das Tiny House von Michaele Paldino von außen. Es ist in seiner Form einem alten Zirkuswagen nachempfunden. Die Fassadenfarbe ist ein dunkles Weiß, das schon ins Graue geht.
Zu Paldinos Haus gehört auch eine Terrasse. Die kann er im Winter eher selten benutzen. Ab dem Frühling spielt sich das Leben auf dem Campingplatz dagegen meist draußen ab.

Zu der gehört aber auch eine für Paldino unschöne Seite: der Winter. Der könne mitunter sehr unangenehm werden: „Solange es trocken und kalt ist, geht es. Aber wenn es tagelang regnet und man zum Drinsein verdonnert ist, ist das schon nicht so schön.“ Von Oktober bis Dezember sei es ok. Wenn aber der Frühling weg ist, zögen sich der Januar, Februar und März in die Länge.

Noch Petrolium, bald etwas Neues

Und wenn es draußen kalt ist, muss es drinnen warm sein. Paldino heizt aktuell noch mit einem Petrolium-Ofen. Davon will er aber weg: „Man kann den Ofen nie alleine anlassen. Über Weihnachten war ich einige Tage nicht zu Hause. Als ich wieder kam, hatte ich minus sechs Grad im Häuschen.“ Andere Tiny-Häusler in Waldbronn haben Solarpanels auf dem Dach und sind von etwa Ende März bis Oktober quasi autark. Wiederum andere nutzen Pelletöfen. Die Preise für Pellets lagen, so Paldino, vor der wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine entstandenen Inflation bei 270 bis 320 Euro pro Tonne. Nun sei der Tonnenpreis bei 570 bis 580 Euro.

Für den kommenden Winter möchte er eine Split-Klimaanlage einbauen. Die funktioniere per Strom. Nachts nutzt er eine Infrarotheizung. Auch die läuft per Strom. Dennoch spare er jetzt im Vergleich zu den 80 Euro Gaskosten monatlich zuvor immer noch einiges. Ohnehin seien die geringeren Kosten fürs Tiny House, sagt Paldino offen, auch ein Grund für den Umzug ins minimalistische Leben gewesen. Gedämmt wird sein Minihaus übrigens mit Mineralwolle. Andere Bewohner nutzen Schafs- oder Holzwolle. Letztere besteht aus gepressten Holzplatten.

Tiny House von innen
Tiny Houses sind immer sehr individuell gestaltet - außen und innen. Paldino ist begeisterter Musiker, entsprechend hat er sein Minihaus an seinen Lebensstil angepasst. Seine Küche ist dagegen eher klein gehalten.

Trotz der Schwierigkeiten im Winter, ist Paldino ein überzeugter Tiny-Häusler – und das auch, weil irgendwann wieder der Frühling kommt: „Sobald es etwas wärmer wird, sind hier alle wieder am Werkeln.“ Auch der 55-Jährige weiß schon genau, was er bei steigendem Temperaturen machen wird: „Ich muss die Silikonnähte am Haus austauschen. Die sind die ganze Zeit der Witterung ausgesetzt und brauchen eine Erneuerung. Die Holzterrasse muss geölt werden, die Fassaden brauchen eine neue Lasur. Zudem kommen kleinere Reparaturen.“

Paldino zu Gast auf der NEW HOUSING ENDE JUNI

Michele Paldino ist seit drei Jahren glücklich in seinem Tiny House. Um noch mehr Menschen vom minimalistischen und ressourcenschonenden Lebensstil zu begeistern, engagiert er sich auch im Tiny-House-Verband. Sowohl dieser, als auch Paldino werden vom 30. Juni bis 2. Juli auf der NEW HOUSING in der Messe Karlsruhe sein.

Weitere Infos zum Tiny House Festival gibt es HIER.Tickets gibt es HIER.

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